statements #4 #5 — krisenmanagement
Im vergangenen Geschäftsjahr war in vielen Unternehmen vor allem Krisenmanagement gefragt. Welche Maßnahmen haben sich dabei als besonders erfolgreich erwiesen?
Martin Sesjak von Coffee at Work und Marco Gottschalk von Melitta Professional Coffee Solutions erläutern, vor welch schwierigen Entscheidungen sie standen – und wie sie sich dabei gefühlt haben.
Marco Gottschalk Ich glaube, niemand auf der Welt konnte sich auf die Pandemie wirklich einstellen. Dazu waren die Entwicklungen zu schnell und zu unvorhersehbar. Wichtig ist es daher vielmehr, stets offen für Unerwartetes zu bleiben und ein vernünftiges Gefühl dafür zu entwickeln, an welcher Stelle man die weitere Entwicklung beobachten kann – und wo man andererseits zügig reagieren muss. Außerdem muss man sich von dem Gedanken befreien, dass man die Entwicklung prognostizieren kann und weiß, was übermorgen alles passiert. Mitarbeiter zu führen, ist unter diesen Rahmenbedingungen eine besondere Herausforderung, da jeder Mitarbeiter die Situation in einem anderen Kontext erlebt. Dies gilt insbesondere, wenn die Mitarbeiter an unterschiedlichen Standorten beschäftigt sind. Um die Lage besser einzuschätzen, hat es mir im vergangenen Jahr geholfen, zunächst das eigene Erleben der aktuellen Situation zu reflektieren.
Daraus habe ich versucht abzuleiten, wie sich wahrscheinlich auch die Kollegen fühlen und welche Unterstützung sie brauchen. Von zentraler Bedeutung ist es, Mitarbeitern ein Gefühl der Sicherheit zu geben und das Signal auszusenden, dass – egal was passieren wird – wir gemeinsam danach streben, in der schwierigen Zeit das Bestmögliche zu erreichen. Die dafür nötige Zuversicht zu entwickeln, fällt nicht schwer, wenn man ein solides und zukunftsfähiges Geschäftsmodell hat. Wir alle sind davon überzeugt, dass nach dem Überwinden der Pandemie das gesellschaftliche Leben – und damit auch das Außer-Haus-Geschäft – wieder an Fahrt aufnehmen wird. Hierfür sind wir sehr gut aufgestellt, denn wir haben die vergangenen Monate natürlich auch dazu genutzt, unsere Angebote, Strukturen und Prozesse nachzuschärfen und weiter zu verbessern.
Martin Sesjak Mit unserem Geschäftsmodell sind wir von der Pandemie stark betroffen. Die Lockdowns haben unsere Wachstumsstrategie zum Stillstand gebracht, unser Vertriebsteam hat über Monate keine Termine vereinbaren können. Schnelles Reagieren und kompensatorisches Anpassen waren deshalb unverzichtbar, für den Großteil unserer Belegschaft mussten wir Kurzarbeit beantragen. Nur dadurch und durch hohe Kostendisziplin konnten wir das vergangene Jahr mit einem sehr guten Gewinn abschließen.
Für die Mitarbeiter bedeutet die Corona-Krise nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit, sie verursacht auch berufliche Existenzsorgen. Ich habe größtes Verständnis für diese Unsicherheit, denn niemand kann mit Gewissheit sagen, wie lange dieser Zustand anhält. Als unternehmerisch denkende Person schmerzt es, wenn man aufgrund der eingeschränkten planerischen Möglichkeiten kaum Perspektiven aufzeigen kann. Man kann nur versuchen, so gut und so verbindlich wie möglich mit allen zu kommunizieren.
Die Zugehörigkeit zu einer größeren Unternehmensgruppe gibt ein Stück Sicherheit. Innerhalb der gut aufgestellten Melitta Gruppe können krisenfeste Unternehmensbereiche die Umsatzeinbrüche anderer Bereiche kompensieren. Außerdem erleben wir gerade, wie intakt und strapazierfähig unsere Unternehmenskultur ist. Auch die Tatsache, dass Melitta ein Familienunternehmen ist, stärkt die Zuversicht, eine tiefgreifende und längere Krise wie die gegenwärtige zu überstehen. Denn Familienunternehmen denken in aller Regel langfristiger und sind resilienter. Auch und gerade als Teil eines solchen Unternehmens blicken wir optimistisch nach vorn und freuen uns darauf, mit der neuen Marke fresh at work bald neu durchstarten zu können. In der Zukunft müssen wir alle die Möglichkeit weiterer Pandemien oder ähnlicher Ereignisse stärker in Betracht ziehen. Detailliert vorbereiten können wir uns darauf jedoch nicht. Wichtig ist vielmehr, unsere beruflichen und privaten Netzwerke und Beziehungen zu stärken und dies gilt mit Blick auf Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten. Denn stabile Beziehungen sind in Krisensituationen elementar – dies hat die Corona-Pandemie sehr deutlich unter Beweis gestellt.