Melitta Group

Geschäftsbericht 2021

Energie

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Die Energiewende ist in vollem Gange. Dabei zeigt sich: Innerhalb weniger Jahre sind viele neue Perspektiven entstanden. Diese machen hoffnungsvoll, meinen Timo Leukefeld, Martin Sesjak und Wolfgang Wäntig.

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Timo Leukefeld Ich bin sehr gespannt darauf, wie wir morgen Energie erzeugen und verwenden werden! Und gleichzeitig finde ich es großartig, Zeuge dieser Entwicklung zu sein und diese auch mitgestalten zu können. Wahrscheinlich blicken wir in 30 Jahren zurück und schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wie wir früher mit Energie umgegangen sind.

Wolfgang Wäntig Das glaube ich auch. Aber ich finde es extrem motivierend, was bereits in den letzten Jahren passiert ist. Unheimlich viel ist in Bewegung geraten. Alles wird hinterfragt und es sind so viele neue Ideen und Technologien in so kurzer Zeit entstanden.

Martin Sesjak Und es entsteht eine neue Denkkultur. Ich glaube allerdings, dass sich diese in den kommenden Jahren noch erheblich weiterentwickeln muss. Die aktuellen weltpolitischen Ereignisse zeigen uns ja, dass wir uns in den letzten Jahrzehnten nicht nur ökologisch, sondern auch sozial und wirtschaftlich in die falsche Richtung bewegt haben. Dabei haben wir zu wenig an die Umwelt und auch an unsere Unabhängigkeit in der Energieversorgung gedacht.

Timo Leukefeld Auch wenn wir schon vieles auf den Weg gebracht haben in Richtung Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und auch Verzicht: Wir müssen wohl doch feststellen, dass uns das meiste noch bevorsteht.

Wolfgang Wäntig Na klar. Uns stehen gigantische Umstellungen und Investitionen bevor. Meistens denkt man dabei an den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Mindestens genauso spannend finde ich aber die Frage der Energiespeicherung. Ohne einen gewaltigen Ausbau der Stromspeicher-Kapazitäten wird uns die Energiewende nicht gelingen.

Martin Sesjak Und hier gibt es ja schon viele neue Entwicklungen und Technologien. Von intelligenten Steuerungssystemen im Stromnetz über eine zeitgleiche Erzeugung und Verwendung von Sonnenenergie in privaten Haushalten bis hin zur Nutzung der E-Flotte zur kurzfristigen Speicherung von Strom in Unternehmen.

Timo Leukefeld Was ich übrigens bei der Entwicklung energieautarker Immobilien zunehmend beobachte, ist, dass Immobilien Schritt für Schritt vollständig elektrifiziert werden. In einigen Jahren wird in Neubauten wahrscheinlich alles über Strom laufen: von der Heizung über die Aufbereitung von Warmwasser bis zur Mobilität und natürlich den sonstigen Haushaltsgeräten.

Martin Sesjak Das beobachte ich auch. Und das wird vieles radikal verändern. Denn dadurch können alle Geräte nicht nur intelligent vernetzt werden, sondern man hätte – neben wenigen Wasser-Rohrleitungen für Warmwasser – dann nur noch Stromleitungen. Das wird den Bau und auch die Wartung von Immobilien stark verändern.

Timo Leukefeld Und über Sonnenenergie könnten dann sämtliche Verbraucher in einer Immobilie versorgt werden.

Martin Sesjak Richtig. Allerdings setzt dies natürlich sehr hohe Investitionen voraus und wird tendenziell die Mieten erhöhen. Ich bin gespannt, ob sich dies durch die dann geringeren Nebenkosten wieder kompensieren wird.

Wolfgang Wäntig Bei Neubauten wäre das natürlich alles recht gut umsetzbar. Schwieriger wird dies bei bestehenden Gebäuden. Ich denke, hier kommt eine gewaltige Sanierungswelle auf uns zu. Und diese wird sich im ersten Schritt vor allem auf eine stärkere Dämmung konzentrieren. Denn die Investition hierfür ist geringer und die Sanierung schneller umsetzbar.

Timo Leukefeld Das glaube ich auch. Und diese bessere Gebäudehülle wird – gemeinsam mit dem Klimawandel – dazu beitragen, dass das Thema Heizen in Deutschland insgesamt an Bedeutung verlieren wird. Studien zeigen das sehr deutlich. Wir werden uns zukünftig mehr mit Kühlen beschäftigen und auch dort entsprechende Technologien für Immobilien entwickeln.

Wolfgang Wäntig Wärme ist natürlich ein überaus wichtiger Punkt in der Energiewende. Als Produzent von Elektrogeräten machen wir uns aber auch intensive Gedanken darüber, wie wir mit unseren Geräten, die ja vor allem zur Erwärmung von Wasser dienen, zur Dekarbonisierung beitragen können. Und da haben wir in den vergangenen Jahren tatsächlich viele Stellschrauben ausgemacht: Das fängt an bei einer immer besseren Isolierung der Geräte über die Steuerung, wie lange ein Gerät eigentlich nachkocht, bis hin zur Langlebigkeit der Geräte. Denn die Herstellung eines Geräts kostet natürlich deutlich mehr Energie als seine Reparatur.

Martin Sesjak Das war für unser Geschäftsmodell übrigens ein ganz wesentliches Argument: Wir stellen bei Coffee at Work und Water at Work unseren Kunden ja die Geräte zur Verfügung und sorgen für eine regelmäßige Pflege und Wartung. Durch diese intensive und professionelle Betreuung sind unsere Geräte viel länger im Einsatz als Geräte, die unsere Kunden selbst erwerben. Wenn die Geräte nicht gut gepflegt und regelmäßig gewartet werden, müssen deutlich früher neue Maschinen angeschafft werden.

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Wolfgang Wäntig Das ist ohnehin ein Punkt, der nicht zu unterschätzen ist: Auch die Menschen, die die Geräte nutzen, brauchen Aufklärung und Tipps, wie mit Geräten energiesparend umgegangen werden kann. So beobachten wir z.B., dass viele Menschen mit einem Wasserkocher mehr Wasser erwärmen, als sie benötigen. Hier können wir als Gerätehersteller noch stärker unterstützen, sei es durch technische Vorrichtungen oder durch Aufklärung.

Timo Leukefeld Das denke ich auch. Damit die Energiewende gelingt, brauchen wir außerdem ganz viel technologischen Fortschritt. Und dieser Fortschritt darf nicht nur in den Entwicklungsabteilungen von Unternehmen stattfinden. Auch die Bevölkerung muss bereit sein, sich weiterzuentwickeln, gewohnte Verhaltensmuster aufzugeben und dazuzulernen.

Martin Sesjak Sehr richtig. Wir müssen noch viel mehr voneinander lernen. Meiner Meinung nach sollte dies aber nicht nur über die Medien oder über persönliche Gespräche stattfinden. Energiethemen spielen meiner Meinung nach in der schulischen und in der betrieblichen Ausbildung noch eine zu geringe Rolle. Das finde ich auch deswegen wichtig, weil die Vielzahl an Möglichkeiten, um effizient mit Energie umzugehen, stark von der Einzelsituation abhängt. Bei einem guten Informationsstand wäre jeder selbst in der Lage, die richtigen Akzente zu setzen bzw. die Möglichkeiten zu nutzen, die für ihn individuell am besten geeignet sind.

Wolfgang Wäntig Das denke ich auch: Wir müssen technologieoffen sein und eher auf einen Mix als auf eine bestimmte Technologie setzen. Es gibt viele Hebel – und ja auch schon wahnsinnig viele Ideen, – wie man unser Energieproblem lösen kann. Und je länger ich mich mit Energiethemen in unserem Unternehmen beschäftige, desto überzeugter bin ich: Wir brauchen sie alle!

Timo Leukefeld ist Experte für energetisches Wohnen in der Zukunft und arbeitet eng mit dem Zukunftsinstitut zusammen. / Martin Sesjak ist geschäftsführender Gesellschafter von Fresh at Work. / Wolfgang Wäntig ist Director Sustainability Services bei Melitta Europa – Geschäftsbereich Kaffeezubereitung.

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